In der Igel-Klinik

Heidrun Schultchen hat schon weit über 1000 Igel gepflegt. Sie macht das seit 14 Jahren. „Damals fand mein Sohn einen Igel, der dringend Hilfe brauchte. Ich habe mich dann über Igel informiert und das sprach sich im Tierschutzverein in Mühlheim herum”, erzählt sie. Mittlerweile bekommt sie Igel aus der ganzen Stadt gebracht.

Das ist „P.V.” „P.V.” steht für „Punkt Vorne”. Heidrun Schultchen hat dem Igel nämlich vorne etwas grüne Farbe auf die Stacheln gemalt, damit sie ihn von den anderen unterscheiden kann. Bei ihr leben gerade fünf dieser Stacheltiere. Im vergangenen Jahr hat sie insgesamt 117 Igel betreut.

Frau Schultchen weiß genau, wann die Tiere Hilfe brauchen: Igel machen eigentlich einen Winterschlaf. Wenn ihr um diese Jahreszeit einen jungen Igel herumschnüffeln seht, kann das aber trotzdem normal sein, weil Jungtiere auch im Winter manchmal die Gegend erkunden. Jungtiere brauchen nur dann Hilfe, wenn viel Schnee liegt oder der Boden gefroren ist, so dass sie kein Futter mehr finden. Oder wenn sie ganz offensichtlich verletzt oder krank sind. Wenn ein ausgewachsener Igel im Winter unterwegs ist, vielleicht sogar torkelt oder einfach auf dem Boden liegt, dann stimmt da ganz sicher was nicht!

P.V. ist ein junges Igelmännchen. Er ist etwa 2 Monate alt. Er wurde ganz abgemagert an einer Straße aufgefunden. Nur in solchen Notfällen darf man Igel mitnehmen. Frau Schultchen erklärt: „Bevor man ein Tier bei sich aufnimmt, sollte man sich beim Tierschutzverein erkundigen, wie so ein Tier gepflegt wird. Außerdem müssen natürlich die Eltern gefragt werden, ob man einen Igel mit nach Hause bringen darf! Und es ist wichtig, dass man sich immer die Hände wäscht, wenn man einen Igel angefasst hat.” Wer einen Igel aufnehmen will, muss ihn unbedingt von einem Tierarzt untersuchen lassen. Der kann dann auch gleich klären, ob das Tier wirklich menschliche Hilfe braucht.

Igel fressen in der Natur gerne Würmer, Larven, Käfer, Spinnen oder Schnecken. Aber sie mögen auch andere Sachen. P.V. zum Beispiel bekommt Katzenfutter, Hundefutter und leckere Mehlwürmer. Bei diesem „Festmahl” schmatzt er richtig laut! Als Insektenfresser braucht der Igel eine sehr eiweißhaltige Ernährung. Und ein Schälchen mit frischem Wasser muss auch immer vorhanden sein. Igelbabys benötigen Muttermilchersatz - Kuhmilch ist verboten!

Wenn man einen Igel im Winter aufnehmen muss, dann sollte man ihm ein Ersatz-Nest basteln: In einen Schuhkarton muss man ein etwa 10 mal 10 Zentimeter großes Schlupfloch schneiden und den Karton mit klein gerissenem Haushalts- oder Toilettenpapier auffüllen. Den Karton stellt man dann in einen größeren, mit Zeitungspapier auslegten Karton, der als Auslauf dient. Dieser Auslauf sollte mindestens 2 Quadratmeter groß sein, die Seitenwände mindestens 45 Zentimeter hoch. Das Zeitungspapier muss täglich ausgetauscht werden, denn die Igel machen ihr Geschäft einfach überall hin.

Igel-Babys wiegen bei der Geburt nur zwischen 12 und 24 Gramm und sind gerade mal so groß wie ein Kinderfinger. Doch schon mit etwa 5 Wochen sind sie selbstständig. Zu diesem Zeitpunkt wiegen sie dann 250 bis 350 Gramm. Erwachsene Tiere können bis zu 1500 Gramm wiegen. P.V. kommt dank der guten Pflege von Frau Schultchen inzwischen auf 482 Gramm. Alle paar Tage wird er gewogen. Wenn es draußen nicht friert und kein Schnee fällt, dann kann P.V. bald ausgewildert werden. Das bedeutet: Er wird wieder nach draußen ausgesetzt.

Gesunde und kräftige Igel werden immer da ausgesetzt, wo sie gefunden wurden (natürlich nicht direkt an einer Straße!). Dort ist ihr Revier und da kennen sie die Wege. Wenn ein Igel länger als 4 Wochen im Haus war, sollte er einige Tage noch ein Schälchen mit Futter hingestellt bekommen - als Übergangsmahlzeit. Na dann: Tschüss P.V.!

Text: Christian Herrmanny